Feld in Hachenburg: Zuversicht trotz schwieriger Lage
Arbeitsplätze werden abgebaut, Unternehmen verlassen das Land – mit einigen dieser düsteren Schlagzeilen in deutschen Medien konfrontierte Erich Keller, Rektor der Hochschule der Bundesbank, die knapp 200 Gäste im Vortragssaal in Hachenburg bei der Einführung in den Vortrag von Wirtschaftswissenschaftler Lars Feld. Der Leiter des liberalen Walter Eucken Instituts in Freiburg sprach über die Herausforderungen für den Wirtschaftsstandort Deutschland.
Das langjährige Mitglied im Sachverständigenrat der Bundesregierung ging in seinem Vortrag zunächst auf die jüngere konjunkturelle Entwicklung ein: Die Seitwärtsbewegung nach dem Ukraine-Schock war okay.
Doch seither komme die deutsche Wirtschaft nicht mehr richtig in Gang, die Prognosen müssten immer nach unten revidiert werden. Von diesen Abwärtsrevisionen war Feld nicht wirklich überrascht: Immer wieder wird genannt, dass der private Konsum aufgrund der stärkeren Lohnzuwächse die Konjunktur anzieht. Meiner Erinnerung nach hat der private Konsum die deutsche Wirtschaft noch nie richtig aus der Bredouille gebracht.
Wichtiger für das Wachstum wären Investitionen. Die entstehen aber nur, wenn es bei den Unternehmen Gewinnerwartungen gibt
, betonte der Ökonom, der auch Berater von Finanzminister Christian Lindner ist.
Die wirtschaftliche Stagnation hierzulande führe auch zu konjunktureller Arbeitslosigkeit, wie der Wirtschaftswissenschaftler betonte. Der Aufbau in der Beschäftigung komme vor allem vom öffentlichen Sektor, was Feld so bewertete: Im Pflegebereich, im Altersheim und in Krankenhäusern ist das sicher notwendig und wünschenswert, nicht unbedingt aber in Landes- und Bundesministerien.
Demografie bremst
Mittelfristig werde das Potenzialwachstum für die deutsche Volkswirtschaft vor allem durch die demografische Entwicklung gebremst, weil in den folgenden Jahren die Generation der Babyboomer in Rente geht: Der Altenquotient, also das Verhältnis von Arbeitenden und Menschen im Ruhestand, verschlechtert sich deshalb bis 2040 massiv.
Die Entwicklung wäre noch schlechter ohne Migration, aber der Referent warnte hier vor zu großen Erwartungen: Die Demografie wirkt restriktiv und kann auch nicht durch Migration gelöst werden.
Durch diese Knappheit an Arbeitskräften werde der Arbeitsmarkt seiner Ansicht künftig von der Angebotsseite dominiert, sprich von den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. Feld zeigte auch die Folgen auf: Die Arbeitnehmer können ihre Forderungen durchdrücken, was zu steigenden Arbeitskoten führen wird. Gleichzeitig erhöhen sich auch die Arbeitskosten durch ansteigende Sozialabgaben, die wegen der demografischen Entwicklung zunehmen.
Hier hob der Referent den warnenden Zeigefinger: Dass ein Unternehmen wie Stihl wegen der Arbeitskosten in die Schweiz geht, muss einem zu denken geben.
Er plädierte deshalb eine Deregulierung im Arbeitsmarkt. Seit 2013 haben wir eine massive De-regulierung im Arbeitsmarkt, jetzt muss es wieder in die andere Richtung gehen
, so seine Forderung.
Doch nicht nur beim Arbeitsmarkt votiert der Ökonom für eine Deregulierung: Das gilt für das Umweltrecht, das Datenschutzrecht, das Baurecht und auch für das Steuerrecht.
Und hier wies Feld auf einen Punkt hin: Wenn die Regeln zu komplex sind, ist die Bürokratie folgerichtig hoch.
Deshalb sollte man nicht über die Personen schimpfen, die mit den bürokratischen Regeln arbeiten müssen, sondern über diejenigen, die Regeln festlegen.
Aktuell sei die wirtschaftspolitische Unsicherheit in Deutschland sehr hoch, was der Referent mit einer Grafik, die die Entwicklung dieser Unsicherheit misst, belegte: Der Hintergrund für Unsicherheit liegt darin, dass wir zwei politische Paradigmen in der Ampel-Regierung haben. Die eine Seite setzt für eine Investitionslenkung und will mit Geboten und Verboten durchsetzen. Die andere Seite setzt auf marktwirtschaftliche Prinzipien, sie will Anreize setzen. Das verunsichert die Unternehmen. Da muss die Richtung klarer sein.
Diese Unsicherheit werde auch durch die geopolitische Lage verschärft, die der Referent als „Kalter Krieg 2.0“ einstufte.
Er schloss seinen Vortrag mit den Worten: Die Lage ist schwierig, aber Sie können mich gerne nach meiner Zuversicht fragen.
Das geschah dann auch in der folgenden Fragerunde. Und da versprühte der Ökonom tatsächlich Hoffnung: Ich bin zuversichtlich, weil Deutschland immer in den letzten Jahrzehnten in der Lage war, schwierige Situationen zu bewältigen. Das beginnt mit der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg oder auch nach der Wiedervereinigung. Das stimmt mich auch in der aktuellen Lage zuversichtlich.