Weihbischof Gerhard Schneider ©Benedikt Stahl

Weihbischof Gerhard Schneider besucht seine ehemalige Hochschule

Gerhard Schneider, seit 2019 Weihbischof der Diözese Rottenburg-Stuttgart, weist einen eher ungewöhnlichen Lebenslauf auf. Tatsächlich begann die berufliche Laufbahn des gebürtigen Ulmers 1988 mit einem betriebswirtschaftlichen Studium an der Hochschule der Deutschen Bundesbank. Anschließend arbeitete der Hachenburg-Absolvent vier Jahre als Betriebswirt und in der Bundesbank in Frankfurt am Main, zum Beispiel in der Pressestelle. 1995 schlug er einen neuen Lebensweg  ein und studierte katholische Theologie in Tübingen und Rom, bevor er 2002 die Priesterweihe in Weingarten empfing. 2008 promovierte er im Fach Praktische Theologie. Für die Diözese Rottenburg-Stuttgart war er in der Priesterausbildung und der Berufungspastoral tätig und leitet seit 2017 die Hauptabteilung für Liturgie (mit Kunst und Kirchenmusik) und Berufungspastoral im Ordinariat Rottenburg. 2019 wurde er zum Weihbischof geweiht.

Rektor Erich Keller begrüßte den Referenten und die Gäste, von denen einige aufgrund zu weniger Plätze im großen Vortragssaal online zugeschaltet waren. In seinen Begrüßungsworten attestierte der Rektor den Hachenburger Absolventinnen und Absolventen grundsätzlich eine hohe Betriebstreue zur Bundesbank. Zwar seien die Aufgaben der Bundesbank so vielfältig und wichtig, dass man ihnen sein ganzes Berufsleben mit Gewinn widmen könne. Jedoch freue er sich darauf, auch einmal die Sichtweise von jemandem zu hören, der nach dem Studium an der Bundesbank-Hochschule einen außergewöhnlichen Schritt gewagt habe. Als Weihbischof könne Schneider nun eine besondere Perspektive auf das Verhältnis von Beruf und Berufung vermitteln.

Er schaue gerne auf seine Zeit in Hachenburg zurück, sagte Schneider. Doch habe er selbst in dem, was er während seiner drei Jahre auf Schloss Hachenburg lernte, nicht seine Lebensaufgabe erkannt. Dennoch habe sich das hier erworbene Wissen für seine eher untypische Bischofskarriere als wertvoll und nachhaltig erwiesen. In seinem Vortrag ordnete Schneider zunächst die Begriffe Beruf und Berufung sowie den Bedeutungswandel, den diese vom 16. Jahrhundert bis heute erfahren haben, sozialgeschichtlich ein.

Mut zur Entscheidung

„Die freie Berufswahl ist eine neuzeitliche Erscheinung und geht mit der Verpflichtung zu einer Entscheidung einher“, erklärte Schneider. In seiner pastoralen Arbeit habe er häufig die Tendenz ausmachen können, dass selbst bereits gut ausgebildete Menschen diese Entscheidung umgehen, um sich alle Möglichkeiten offen zu halten. „Es wird eine Bühne gebaut und ausgestattet, auf der dann aber nichts stattfindet.“ So erfordere es Mut, seine besonderen Gaben in der Welt zu verwirklichen. „Aber man braucht andere Menschen dazu, um diese überhaupt zu erkennen.

Inflationsvermeidung als Sozialpolitik

Schneider ging in aller Kürze auf die drei Säulen der christlichen Gesellschaftslehre ein: Personalität, Subsidiarität und Solidarität. Die Würde der Person müsse allem politischen und wirtschaftlichem Handeln vor- und übergeordnet sein, so der Weihbischof. Zu dieser Würde gehöre, dass der gesellschaftliche, soziale und wirtschaftliche Rahmen dafür gegeben sein müsse und jeder und jede mit den eigenen Kräften, Begabungen und Talenten für sich selbst und die Familie in Eigenverantwortung sorgen können müsse. „Aus diesem Verständnis heraus ist die Vermeidung von Inflation notwendig, weil sie die Fähigkeit des Menschen zur Selbstsorge in Frage stellt, weil sie bestehende Mechanismen der Subsidiarität unterläuft und weil sie zutiefst unsolidarisch ist, da sie die ohnehin sozial Schwächeren überproportional benachteiligt“, so Schneider.

Hinauswachsen über die eigene Begabung

Selbst gut sein, bedeutet auch, andere gut sein lassen zu können“, so Schneider weiter. Das sei entscheidend, um gemeinsam mit anderen Ziele zu erreichen. Mit der Aussage, dass man dieses Hinauswachsen über die eigene Begabung auch erlernen könne, ermutigte der Weihbischof die Studierenden und schloss seine Ausführungen. Nach dem Vortrag nutzten sowohl das Auditorium als auch die Online-Zuhörerschaft die Möglichkeit, Fragen zu stellen und sich mit dem Referenten auszutauschen.

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