Warum ESG die Speisekarte auffächert
Wie hat sich die ESG-Regulierung in den letzten fünf Jahren entwickelt, was hat die Finanzindustrie bereits umgesetzt und was ist noch zu tun? Diese Fragen beleuchtete die elfte regulatorische Fachtagung der Hochschule der Bundesbank, die im Kuppelsaal der Hauptverwaltung in Hessen stattfand. Thematisch fokussierte sich die Tagung nicht nur auf ökologische Aspekte, sondern gleichermaßen auf alle drei ESG-Verantwortungsbereiche. Zusätzlich zu Umweltkriterien (E) wurden soziale Fragen (S) und Bestandteile einer verantwortungsvollen Unternehmensführung (G) diskutiert.
Jutta Bopp, die die Eröffnungs-Keynote hielt, ist für die Nachhaltigkeitsberichterstattung bei der Swiss Re, dem zweitgrößten Rückversicherer der Welt, verantwortlich. Bopp hob die Bedeutung einer aussagekräftigen Transparenz hervor, und betonte in diesem Zusammenhang die Themen Wesentlichkeit, Vergleichbarkeit und Schnittstellenmanagement. Die Entwicklung der Nachhaltigkeitsberichterstattung, basierend auf komplexen und unterschiedlichen Reporting Standards, veranschaulichte sie eindrücklich, indem sie den Inhalt des Nachhaltigkeitsberichts mit der Speisekarte eines Restaurants verglich. Früher gab es ein vom Wirt bestimmtes, preiswertes Mittagsgericht. Heute fordern die Gäste aus aller Welt verschiedene, von ihnen definierte Menüs mit detaillierten Produktinformationen.
Martin Spolc von der EU-Kommission stellte den aktuellen Stand sowie die Weiterentwicklungen der EU-Taxonomie vor. Mit Erweiterung der Taxonomie um vier weitere Umweltziele sowie der Erweiterung der bestehenden Klimaziele, sei die Arbeit an der Taxonomie aus seiner Sicht erheblich vorangebracht worden. Im Vortrag von Antje Schneeweiß vom Arbeitskreis kirchliche Investoren wurde deutlich, dass viele der Verordnungen im Zusammenhang mit dem EU-Aktionsplan zur Finanzierung nachhaltigen Wachstums bereits soziale Aspekte berücksichtigen. Martin Gyntelberg von der EBA machte in seinem Vortrag deutlich, dass für ihn im Zusammenhang mit der Nachhaltigkeit immer die für Banken einhergehenden Risiken im Vordergrund stehen. Torsten Jäger vom Bundesverband Deutscher Banken hob hervor, dass sich durch die Regulierung zur Nachhaltigkeit eine Steuerungswirksamkeit in Banken ergebe. Im Rahmen eines Interviews stellten Karlheinz Walch, Zentralbereichsleiter Banken und Finanzaufsicht, sowie Rupert Schaefer, Exekutivdirektor der BaFin, die Rolle der Aufsicht sowie ihre Umsetzungserfahrungen vor.
„Die Diskussionen auf der Tagung haben gezeigt, wie intensiv sich Finanzinstitute, Regulierer und Aufseher mit ESG-Kriterien und -risiken beschäftigen. Wir sind auch schon gut vorangekommen, aber es bleibt in den nächsten Jahren für alle Akteure noch viel zu tun“, so die Einschätzung der für die Hochschule verantwortliche Zentralbereichsleiterin Alexandra Hachmeister.