Von der digitalen Aufsichtswelt und digitalem Zentralbankgeld
Viele Absolventinnen und Absolventen der Hochschule der Bundesbank wechseln nach Abschluss des Studiums in Hachenburg in die Bankenaufsicht und machen dort Karriere. Umso erfreuter waren Studierende der Hochschule, als das für Bankenaufsicht verantwortliche Vorstandsmitglied Joachim Wuermeling – zumindest virtuell – bei einem Studienjahrgang vorbeischaute und eine bankenaufsichtliche Vorlesung von Andreas Igl bereicherte.
Wuermeling zeigte dem akademischen Nachwuchs der Bank anstehende Änderungen auf: „Die Digitalisierung gibt Aufseherinnen und Aufsehern neue Analysemöglichkeiten, ihr Arbeitsbild ändert sich, sie können proaktiver ihre Aufgabe wahrnehmen.“
Gleichzeitig zeigte das Vorstandsmitglied auch Grenzen auf: „Es werden sich viele Dinge in naher Zukunft durch die Digitalisierung ändern, eines aber nicht: Im Mittelpunkt des Aufsichtshandelns steht das Urteils des Aufsehers, die neue Technik erleichtert seine Arbeit nur.“
Auch die Studierenden brachten sich in den Meinungsaustausch ein. So wollte ein Student Hintze wissen, was die Bankenaufsicht tun kann, um nach den Pleiten von Wirecard und der Greensill-Bank das Vertrauen der Bevölkerung zurückzugewinnen. Nach Wuermelings Ansicht wird der aktuelle Vertrauensverlust nicht nachhaltig sein. Er sieht durch die anstehende BaFin-Reform aber die Chance, die Schlagkraft der Bankenaufsicht zu erhöhen: „Die geplante, neue forensische Einheit in der BaFin soll auch polizeiliche und staatsanwaltschaftliche Erfahrungen vorweisen. Ich erhoffe mir davon, dass die Aufsicht dann noch durchsetzungsstärker agieren kann.“
Bankenaufsicht nach der Corona-Krise
Eine Kommilitonin fragte, wie die Bankenaufsicht der Zukunft, sprich nach dem Ende der Pandemie, aussehen wird. Das Vorstandsmitglied deutet an, dass bei den aufsichtlichen Prüfungen vor Ort in den Räumen Geschäftsbanken hybride Modelle möglich seien, so dass die Prüfungsteams nicht mehr regelmäßig – wie vor Corona – mehrere Wochen am Stück vor Ort sein werden. „Aber wir werden keine Abstriche bei der Leistung der Bankenaufsicht machen. Das Niveau möchten und werden wir halten, wenngleich mit einem neuen Verhältnis zwischen Homeoffice und Präsenz“
, erklärte der Vorstand.
Ein Student wollte wissen, ob die IT-Sicherheit durch den Ausbau des Homeoffice bei Banken und der Bundesbank jetzt noch stärker gefährdet sei. „Es gab in der Tat mehr Angriffe auf die IT als zuvor, aber zum Glück keine höheren Schäden“
, antwortete Wuermeling, der im Vorstand der Bundesbank auch den IT-Bereich verantwortet. Er verwies daher auch darauf, dass die Bundesbank viel unternommen habe, um die IT-Sicherheit im Homeoffice zu erhöhen. „Das ist nicht banal, gerade wenn es darum geht, die Firewalls aufzurüsten und die Updates in die Praxis umzusetzen, aber es ist uns insgesamt gut gelungen“
, bilanzierte das Vorstandsmitglied.
„Die Bankenaufsicht wartet auf Sie“
Abschließend wandte sich Wuermeling direkt an die Studierenden: „Sie sehen, es gibt auch in der IT ein spannendes operatives Arbeitsfeld. Jetzt möchte ich Sie darum bitten, ihr Studium trotz der schwierigen Bedingungen durchzustehen. Die Bankenaufsicht wartet freudig auf Sie.“
Genau diese schwierigen Studienumstände thematisierte auch Burkhard Balz, das für die Hochschule zuständige Vorstandsmitglied, bei seinem virtuellen Gespräch mit den Studierenden einige Tage zuvor: „Sie können durch das Home-Studium die Vorzüge der Hochschule in Hachenburg nicht so genießen wie sonst. Aber es gab kaum Ausfall von Lehrstunden.“
Auch an Balz, der im Vorstand der Bundesbank für den Zahlungsverkehr verantwortlich ist, adressierten die Studierenden viele Themen.
Der digitale Euro ersetzt Bargeld nicht
So fragte ein Student, ob die Bundesbank nicht Werbung für das Bargeld machen solle und stärker auf die Risiken einer bargeldlosen Gesellschaft hinweisen solle, was jüngst ein Stromausfall in Texas gezeigt habe. Das überzeugte Balz nicht, zumal der Anteil der Bargeldzahlungen in Deutschland auch in der Pandemie noch bei 60 Prozent liege. „Wir sollten uns vielmehr dafür einsetzen, dass die Möglichkeit des Zahlens in der Gesellschaft frei wählbar ist“
, erklärte Balz. Auf Nachfrage sagte das Vorstandsmitglied, er sehe keine Gefahr, dass das Bargeld in Deutschland abgeschafft werde. Auch der digitale Euro, über dessen Entwicklung das Eurosystem nachdenke, werde Bargeld nicht ablösen, sondern nur ergänzen.
Auf die Frage, ob Kryptowährungen wie der in den Medien oft auftauchende Bitcoin ein Risiko für die Bundesbank als Notenbank darstellten, antwortete Balz, Bitcoin sei keine Währung, sondern ein Spekulationsobjekt: „Die klassischen Geldfunktionen – Recheneinheit, Zahlungsmittel und Wertaufbewahrungsfunktion – erfüllt Bitcoin nämlich nicht.“
Im Herbst 2020 hatte die Bundesbank einen komplizierten Ausfall des systemrelevanten Zahlungssystem TARGET2 zu verkraften. Ein Student fragte nach, was die Bundesbank unternehme, um solche Ausfälle künftig zu vermeiden. „Wir haben unsere Lessons Learned aus dem Vorfall gezogen und optimieren das System mit jedem Update“
, entgegnete das Vorstandsmitglied. Ohnehin stehe auf mittlere Sicht der Übergang auf eine neue Zahlungsplattform an, in die TARGET2 und TARGET2-Securities aufgehen werden.
Abschließend wollte eine Studentin wissen, welchen Einfluss die Pandemie auf den Umfang des Homeoffice und den Neu- oder Umbau in der Zentrale in Frankfurt habe. Dazu habe man erst nach Abschluss der Krise ein umfassendes Bild, erwidert das Vorstandsmitglied: „Eines ist heute aber schon klar. Die Diskussion über eine weitere Flexibilisierung der Arbeitswelt in der Bundesbank wird sicher bald geführt werden müssen.“