Joachim Wuermeling: „Wichtige Rolle in der digitalen Welt“
Die digitale Transformation läuft in einem immer rasanteren Tempo ab. ChatGPT hat in nur zwei Monaten 100 Millionen Nutzer erreicht, Instagram benötigte dafür noch zwei Jahre
, sagte Bundesbankvorstand Joachim Wuermeling in Hachenburg, als er vor Studierenden und Professorinnen und Professoren der Hochschule sowie Vertreterinnen und Vertretern der Kreditwirtschaft sprach. Doch haben Zentralbanken als Anker der Stabilität in der sich stetig beschleunigenden Digitalisierung noch ihren Platz? Wuermelings Antwort war eindeutig: Zentralbanken spielen eine wichtige Rolle in der digitalen Welt.
An die Adresse der Studierenden richtete er folgende Botschaft: Echte digitale Gestaltungsaufgaben warten nach Ihrem Studium auf Sie, dafür entfallen lästige Routinearbeiten.
Die Digitalisierung eröffne, so Wuermeling, der Zentralbank die Chance, ihr Mandat besser zu erfüllen. Er machte dies auch am Beispiel der Inflationsbekämpfung deutlich: Wenn wir statt vergangenheitsbezogenen Daten in unseren Modellen unstrukturierte Daten in real-time zur Verfügung haben und analysieren, können wir in der Geldpolitik womöglich frühzeitiger auf Preissprünge reagieren.
Auch in der Finanzaufsicht werde die Arbeitswelt durch Cloud-Computing, Krypto-Assets und Decentralised Financing immer digitaler.
Höchste Priorität für den digitalen Euro
Am offenkundigsten sei die Digitalisierung aber bei dem eigenen Produkt, wie Wuermeling darlegte: Wir werden den Euro künftig auch in digitaler Form zur Verfügung stellen. Wenn wir es nicht tun, machen es andere – und dann ist es kein öffentliches Geld und kommt vermutlich nicht aus Europa.
Deshalb begrüße er ausdrücklich die Entscheidung des EZB-Rats vom Oktober 2023, die Entwicklung einer digitalen Währung im Euroraum voranzutreiben. Der digitale Euro ist ein Projekt von höchster Priorität für die Bundesbank. Wir wollen uns bei diesem Zukunftsprojekt einbringen und können als Vertrauensanker in Deutschland wirken.
Der digitale Euro sei sicher, kostengünstig, schütze die Privatsphäre und im ganzen Euroraum über Ländergrenzen hinweg nutzbar – genauso wie dies beim Bargeld heute und in Zukunft der Fall sein werde.
Das digitale Geld dominierte auch die folgende, knapp einstündige Diskussionsrunde, die von Hochschulrektor Erich Keller moderiert wurde. Ein Vertreter der Kreditwirtschaft wollte unter anderem wissen, ob der digitale Euro ein Zahlungsmittel oder Zahlungssystem sei. In digitaler Ebene verschmelzen die beiden Ebenen
, erwiderte Wuermeling, der gleichzeitig hervorhob, dass Banken und Sparkassen auch bei der digitalen Form des Zentralbankgelds eine prominente Rolle einnehmen werden: Einen digitalen Bank-Run verhindern wir dadurch, dass es für den digitalen Euro ein Haltelimit, eine Art Obergrenze, geben wird.
Ein Student fragte, ob der Euro denn auch außerhalb Europas nutzbar sei. Grundsätzlich sieht das die EU-Verordnung vor
, antwortete Wuermeling. Allerdings muss das Eurosystem hier Abkommen mit anderen Zentralbanken treffen. Das ist auch eine Frage der Souveränität.