Professor Edgar Löw bei seinem Gastbeitrag zum Geschäftsmodell und zur Bilanzierung von Wirecard ©Valeria Bruns

Gastvortrag: Geschäftsmodell und Bilanzierung bei Wirecard

Nach dem Zusammenbruch von Wirecard machen zahlreiche Investoren Schadensersatz gegen den Insolvenzverwalter des ehemaligen Dax-Konzerns sowie gegen die Abschlussprüfer geltend. Aus diesem Anlass hielt Professor Edgar Löw von der Frankfurt School of Finance & Management am 4. Juli 2024 an der Hochschule der Deutschen Bundesbank einen Gastvortrag zum Geschäftsmodell und zur Bilanzierung von Wirecard

In seinem Vortrag analysierte Löw die Geschäftsmodelle des einstigen Zahlungsdienstleisters für Online-Dienste. Dabei beschrieb er detailliert, was schiefgelaufen sei und ging auf die treuhänderische Struktur des einstigen DAX-Unternehmens ein. Löw diskutierte auch die Bilanzierung und die damit verbundenen Prüfungsanforderungen. Als der Betrug aufgrund einer Sonderprüfung aufgedeckt wurde, stellte sich heraus, dass ein angebliches Treuhandvermögen in Höhe von 1,9 Milliarden Euro nicht vorhanden, aber in der Bilanz verbucht war. 

Zuhörer beim Gastbeitrag von Professor Edgar Löw ©Valeria Bruns

Den Zuhörern veranschaulichte Löw, in welchem Bilanzposten die angeblich auf Treuhandkonten vorhandenen Beträge hätten ausgewiesen werden müssen. Dabei stellte er die jeweiligen Rechnungslegungsanforderungen dar und hob die Anforderungen an Prüfungsmaßnahmen basierend auf den geltenden Prüfungsstandards hervor. Er bezog sich dabei auf die Erkenntnisse aus seinem Buch „The Audit Failures of the Wirecard Scandal“, das er zusammen mit Professor Reinhard Heyd verfasste. Das Fachbuch soll in Kürze bei Palgrave Macmillan erscheinen.

Die Finanzberichterstattung im Wirecard-Fall war für die angehenden Bankenaufseher im Publikum von großem Interesse. In der abschließenden Diskussionsrunde ließ Löw die Zuhörer an seinen Praxiserfahrungen zur Prüfungstätigkeit teilhaben und erörterte mit ihnen Möglichkeiten zur Verbesserung der Prüfungstätigkeit sowie der Berufsethik. 

Urs Lendermann und Edgar Löw ©Valeria Bruns
Von links: Urs Lendermann und Edgar Löw

Mehr als 70 Zuhörerinnen und Zuhörer nahmen an der Veranstaltung teil. Professor Urs Lendermann, der den Abend gemeinsam mit der Studierenden Valeria Bruns moderierte, dankte Professor Löw für seinen Vortrag. Er freue sich auf eine Fortsetzung des fruchtbaren akademischen Austausches mit dem European Banking Institute. 

Professor Löw war jahrzehntelang in führender Funktion bei weltweit tätigen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften tätig. Zu Beginn seiner beruflichen Laufbahn wirkte der Bilanzierungsexperte maßgeblich an der Erstellung des ersten Konzernabschlusses nach International Accounting Standards (heute International Financial Reporting Standards) einer großen deutschen Bank im Jahre 1995 mit. Heute ist er unter anderem Mitglied der European Financial Reporting Advisory Group und wurde kürzlich in die Stakeholder Group der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde wiederbestellt. Seit 2014 ist er Professor für Rechnungslegung an der Frankfurt School of Finance & Management und Programmdirektor des Masters in EU Banking and Financial Regulation des European Banking Institute. Zudem ist Löw Honorarprofessor an der WHU in Vallendar.