Früherer Chefvolkswirt Otmar Issing spricht mit Alumnis der Hochschule der Bundesbank
Beim Jahresauftakt der Alumni-Vereinigung Hachenburg e. V. sprach Otmar Issing, früherer Chefvolkswirt von Bundesbank und EZB, über seinen beruflichen Werdegang. Zu den Gästen gehörten Bundesbank-Vorstand Lutz Lienenkämper, in dessen Verantwortung auch die Hochschule der Bundesbank in Hachenburg fällt, der Rektor der Hochschule, Erich Keller, und Christopher Priberny, Professor im Lehrkollegium, sowie sieben aktuell an der Hochschule Studierende.
Astrid Lipfert, Gründungsmitglied der Alumni-Vereinigung 2004 und heute stellvertretende Abteilungsleiterin im Zentralbereich Kommunikation, war beeindruckt, dass der 88-jährige Otmar Issing ohne Notizen anderthalb Stunden sprach und sich an viele Details erinnerte: Ein inspirierender Abend mit einem großartigen Zeitzeugen der europäischen Geldpolitik.
Bundesbank-Vorstand Lutz Lienenkämper würdigte Issing in seiner Begrüßung: Sie sind für viele Menschen und auch für mich, bildlich gesprochen, das Lichtsignal im Leuchtturm, das weithin sichtbar die Wirtschaft vor Gefahren warnt und der Bevölkerung und den Institutionen unseres Landes Orientierung gibt.
Gleichzeitig lobte das Vorstandsmitglied auch die Entwicklung der 2004 gegründeten Alumni-Vereinigung Schloss Hachenburg, die im letzten Jahr ihr 20-jähriges Bestehen feierte: Sie haben 700 Mitglieder bei rund 4.500 Absolventinnen und Absolventen der Hochschule. Das heißt, gut jeder siebte Ehemalige ist Mitglied, das ist beeindruckend.
Lienenkämper hob auch die Bedeutung der Hochschule der Bank für die Personalakquise in Zeiten des demografischen Wandels hervor: Wenn es Hachenburg nicht gäbe, müssten wir es jetzt erfinden.
Notenbanker durch Zufall
Otmar Issing nahm das Publikum auf eine Zeitreise mit, die er in dem Buch Von der D-Mark zum Euro – Erinnerungen eines Chefvolkswirts
niedergeschrieben hat. Und er überraschte die Zuhörerinnen und Zuhörer mit der Aussage, dass er 1990 nur durch Zufall Notenbanker
geworden sei: Kein anderer Arbeitgeber als die Bundesbank hätte mich von meiner Tätigkeit als Wissenschaftler an der Universität Würzburg weglotsen können.
Und er verriet dem Publikum auch, dass in seinem Umfeld eine gewisse Skepsis vorherrschte, ob er in der Bundesbank glücklich werde: Eine Journalistin fragte mich in einem Interview. Sie haben jetzt seit 50 Semestern nur Vorlesungen gehalten. Können Sie denn überhaupt noch etwas anderes?
Im weiteren Verlauf erfuhren die Zuhörerinnen und Zuhörer, dass für Issing gerade die Anfangszeit in der EZB besonders schwer war, weil es keine halbwegs homogenen Daten und Statistiken über den neuen Währungsraum gegeben habe, auf die der EZB-Rat in der Regel seine Entscheidungen fußt.
Der Euro ist kein Selbstläufer
“
In der Diskussionsrunde, die vom Alumni-Vorsitzende Kai Dressler moderiert wurde, wurde Issing gefragt, ob sich denn seine frühere kritische Einstellung zum Euro geändert habe? Ich war nie ein Gegner der Währungsunion, aber ich war kritisch, weil die Währungsunion meiner Meinung nach zu früh und mit zu vielen Ländern startete, die nicht auf den Wegfall fehlender Wechselkurse vorbereitet waren. Aber ich wollte meinen Beitrag dazu leisten, dass der Euro ein Erfolg wird.
Und abschließend betonte er: Ich habe gesagt, der Euro ist kein Selbstläufer, dafür muss hart gearbeitet werden. Das gilt bis heute
.“