Die drei Phasen
„Welchen Einfluss hat die Pandemie auf die Finanzstabilität?“
Diese Frage thematisiert Claudia Buch, Vizepräsidentin der Bundesbank, als sie vor rund 70 Studierenden des Vertiefungsstudiums II der Hochschule in Hachenburg sprach – wie derzeit üblich, virtuell.
Die Vizepräsidentin erläutert in ihrem Vortrag, dass die Pandemie aus Sicht der Finanzstabilität in drei Phasen unterteilt werden könne. Die erste Phase sei von massiven Umsatzeinbrüchen bei Unternehmen geprägt gewesen. Buch macht dabei deutlich, dass eine Liquiditätsklemme drohte: „Aber diese ist durch umfangreiche fiskal- und geldpolitische sowie aufsichtliche Maßnahmen abgewendet worden.“
Als ein Beispiel nennt sie die staatlichen Stützungsmaßnahmen für Unternehmen. „Diese Maßnahmen tragen zur Bereitschaft der Banken bei, weiterhin Kredite an Unternehmen zu vergeben. Somit haben die Maßnahmen für Unternehmen gleichzeitig auch einen positiven Einfluss auf die Finanzstabilität“
, sagt Buch.
„Aktuell befinden wir uns in der zweiten Phase. In dieser müssen sich der öffentliche und der private Sektor auf einen Anstieg der Unternehmensinsolvenzen vorbereiten“
, erklärt die Vizepräsidentin. Sollten die Insolvenzen stark steigen, dürften in der Folge Kreditausfälle zunehmen und die Wertberichtigungen bei Banken steigen. Insgesamt sollte ein starker Anstieg der Unternehmensinsolvenzen aber für das deutsche Bankensystem verkraftbar sein. In einem ungünstigen Szenario könnte jedoch eine eingeschränkte Kreditvergabe die wirtschaftliche Erholung bremsen. Buch erklärt den Studierenden in diesem Zusammenhang, dass Banken durch Nutzung ihrer Kapitalpuffer wesentlich dazu beitragen können, die Kreditvergabe in einem solchen Szenario zu stabilisieren.
In der dritten Phase komme es darauf an, „sowohl den durch die Pandemie beschleunigten wirtschaftlichen Strukturwandel zu ermöglichen als auch die Verwundbarkeiten im Finanzsystem zu begrenzen.“
Vor diesem Hintergrund geht Buch auf die Verwundbarkeiten ein, die sich in den vergangenen Jahren im deutschen Finanzsystem aufgebaut haben. „Diese Verwundbarkeiten bestehen fort und dürften während der Pandemie teils sogar gestiegen sein“
, erläutert Buch. Es lägen weiterhin Faktoren vor, die auch vor der Pandemie zum Aufbau von Verwundbarkeiten beigetragen haben. Als Beispiel nennt Buch unter anderem den anhaltenden Aufschwung am Wohnimmobilienmarkt.
In der folgenden Fragerunde, die Professor Tobias Körner moderiert, diskutieren die Studierenden mit Buch auch darüber, wie es nach der Pandemie weitergehen werde. Aus Sicht der Vizepräsidentin ist es wichtig, dass die in der Krise ergriffenen Maßnahmen und aufsichtlichen Erleichterungen spätestens dann beendet werden. Dabei müsse grundsätzlich darauf geachtet werden, dass die Maßnahmen geordnet auslaufen und Klippeneffekte vermieden werden. Zudem solle die Prävention von Risiken dann wieder stärker in den Fokus rücken. Sie verabschiedet sich nach anderthalb Stunden von den Studierenden und betont, dass sie gerne weiterhin mit ihnen im Dialog bleiben möchte: „Im virtuellen Format ist dies ja leichter möglich.“