Deutsche-Bank-Vorstand in Hachenburg: Wozu braucht man global bedeutende Banken?
Es war eine Zäsur im Finanzsystem – die Pleite der global agierenden Investmentbank Lehman Brothers am 15. September 2008. Fast genau auf den Tag eine Dekade später erinnert James von Moltke, seit Juli 2017 Finanzvorstand der Deutschen Bank, daran, welche Berechtigung und welchen Nutzen solche „Global Player“ im Bankgewerbe heute noch haben.
„Es gibt kritische Stimmen. Die sagen, dass seit der Lehman-Pleite sich kaum etwas verändert hat im Finanzsystem. Diese Meinung teile ich nicht“, sagt James von Moltke gleich zu Beginn seines Vortrags im Vortragsaal in Hachenburg. Jeder der 200 Stühle war von Studierenden, Professoren, hochrangigen Bundesbankern und Bankvorständen aus der Region besetzt, als der 49-Jährige Enkel des 1945 ermordeten Widerstandskämpfers im Dritten Reich ans Rednerpult trat.
James von Moltke, der selbst seit 1992 bei diversen US-Investmentbanken gearbeitet hat, verschweigt aber nicht, dass der Lehman-Kollaps die Schwächen im Finanzsystem schonungslos offenlegte. So wurden im Kreditgewerbe in großen Stil Risiken unterschätzt, Investitionen zu kurzfristig refinanziert, interne Kontrollen versagten – und es gab auch keine Sanierungs- und Abwicklungspläne. Er verdeutlicht aber auch, dass seither die Regulierung konsequent verschärft wurde und offen gewordenen Schwächen Stück für Stück beseitigt wurden. Gerade international bedeutende Banken – wie eben auch die Deutsche Bank – müssten heute mehr Kontrollen über sich ergehen lassen und mehr Kapital aufbringen.
Wichtige Funktionen
Doch benötigt man heute überhaupt noch global bedeutende Finanzhäuser? 30 davon gibt es noch weitweit, das einzige davon ist hierzulande die Deutsche Bank. James von Moltke zeigt einige wichtige Funktonen, die eben diese weltweit agierenden Banken erbringen. So seien sie der Mittler zwischen großen Kreditnehmern und Investoren, wodurch die Preise für Finanzierungen und Investitionen verbessert würden. Als ganzheitlicher Risikomanager könnten eben diese Banken aufkommende Risiken besser überblicken. Mit ihrem weltweiten Netzwerk würden die global bedeutenden Banken eine einzigartige Infrastruktur für globale Zahlungen und Verrechnungen bieten. Zudem könnten diese Banken „vom Hauskauf bis zum Global Investment“ jede Beratungsleistung abdecken.
Große Herausforderungen
James von Moltke verbirgt auch nicht, dass die global bedeutenden Banken vor gewaltigen Herausforderungen stehen. Dazu zählt zum Beispiel die Ertragsschwäche in Zeiten der Niedrigzinsphase und die Gefahren in Zeiten der Cyberkriminalität. „Siebenmal pro Sekunde wird ein Angriff auf das IT-Netzwerk der Deutschen Bank ausgeführt“, betont der Vorstand, um dem Publikum die Bedrohungslage zu vergegenwärtigen. Und er verdeutlicht die Bedeutung der global bedeutenden Banken mit einem Vergleich: „5.500 Kreditinstitute gibt es im Euroraum. Aber nicht viele der 5.500 bieten Plattformen mit einem digitalen Angebot.“ Im Vergleich mit den aufkommenden FinTechs weist er das Publikum auf einen gravierenden Unterschied hin: „Es gibt hier viele Nischenanbieter. Aber letztlich haben nur die Banken die Beziehungen zu den Kontoinhabern.“
In der folgenden Fragerunde macht James von Moltke deutlich, dass er kleinere Banken keinesfalls vom Markt verdrängen möchte. Diese hätten durchaus eine wichtige Funktion. Er unterstreicht abermals, dass die global bedeutenden Banken volkswirtschaftlich wesentliche Funktionen ausführen würden, die letztlich auch die Finanzstabilität stärken würden – woran ja letztlich auch die Bundesbank ein Interesse hat.