Algorithmen fällen keine Aufsichtsentscheidungen 10. Fachtagung der Hochschule der Deutschen Bundesbank
Zum 10. Mal richtete die Hochschule der Bundesbank eine Tagung über aufsichtsrelevante Themen aus. Diesmal standen die Digitalisierung und ihre Auswirkungen auf Banken und Aufsicht im Fokus. Rund rund 100 Gäste waren der Einladung in den Kuppelsaal der Hauptverwaltung in Hessen gefolgt, wo es diesmal um ein Thema ging, das in den letzten Jahren in Gesellschaft und Wirtschaft enorm an Bedeutung gewonnen hat – die Digitalisierung. Oliver Kruse moderierte die Veranstaltung gemeinsam mit seinem Kollegen Matthias Goeken, der als Professor in Hachenburg unter anderem Wirtschaftsinformatik lehrt.
Corona als Katalysator
Alexandra Hachmeister, Leiterin des Zentralbereichs Ökonomische Bildung (ÖB), hob in ihrer Keynote Speech bei der Veranstaltung hervor, dass die Pandemie mit Blick auf die Digitalisierung wie ein Katalysator gewirkt habe: „In vielen Bereichen war Digitalisierung kein ‚nice-to-have‘ mehr, sondern wurde zum ‚must-have‘
.“ Dies fordere auch Institutionen wie Zentralbanken heraus, die vor allem für „Verlässlichkeit und Kontinuität“ stünden. „Als Bundesbank wollen wir aber den digitalen Wandel mitgestalten und wichtige Impulse setzen
“, betonte Hachmeister. Sie machte dieses Ansinnen unter anderem am Beispiel der Digitalisierung der Bankenaufsicht konkret. Gemeinsam mit der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hatte die Bundesbank 2020 eine digitale Agenda für die Bankenaufsicht entwickelt, die vor allem Akzente bei der Datenerhebung, der Analyse in der Aufsicht und den internen Prozessen setzt. Aber Hachmeister zeigte hier auch die Grenze auf: „Am Ende des Tages werden weiterhin Aufseherinnen und Aufseher Entscheidungen treffen. Auch der beste Algorithmus ist am Ende von Menschen programmiert. Deren Expertise und Urteilsvermögen kann eine Maschine nicht ersetzen
.“
Banken unter Druck
Doch nicht nur die Aufsicht, die Banken selbst stehen im digitalen Zeitalter unter Druck, vor allem ihre Filialen. „Für Kinder ist eine Bank im Smartphone und kein Gebäude mehr
“, behauptete beispielsweise Kevin Hackl vom Branchenverband Bitkom. Auch Daniela Schackis, stellvertretende Generaldirektorin der Bankenaufsicht in der EZB, gab Bankfilialen wenig Zukunftschancen und sah das Kreditwesen auf dem gleichen Weg wie Reisebüros, die auch zunehmend vom Markt verschwinden würden.
Christian Schuler, Referatsleiter in der Bankenaufsicht in der Hauptverwaltung in Nordrhein-Westfalen, betonte, dass die digitale Transformation Banken herausfordere, nicht zuletzt aufgrund derer „teilweise sehr stark fragmentierten IT und Datenlandschaft
“. Diese sei oft über einen längeren Zeitraum nach und nach entstanden und daher nur schwerlich zu digitalisieren. Doch er sah für Banken im Vergleich zu FinTechs auch Vorteile: „FinTechs sind oft auf eine Nische ausgerichtet und nicht jede Idee wird überlebensfähig sein.“
Aber durch ihre Innovationen treiben FinTechs Banken an, sich weiterzuentwickeln und neue Wege zu beschreiten, so Schuler.
Doch nicht nur das Geschäftsmodell der Banken wird durch die Digitalisierung verschoben. Gerd Hartung von der Deutschen Börse AG erläuterte dem Publikum, wie seine Institution die vom Gesetzgeber eröffnete, neue Möglichkeit, dematerialisierte Wertpapiere zu begeben, realisiert. In einem elektronischen Tresor seien in einem ersten Projektschritt Zertifikate und Optionsscheine elektronifiziert worden. Auf Nachfrage räumte Hartung ein, dass man bei der ersten elektronischen Aktie noch etwas Geduld mitbringen müsse. Markus Imle von der HUK Coburg Versicherung gab zu, dass 80 bis 90 Prozent der Belegschaft von seinem eher traditionellen Versicherungshaus nicht die DNA mitbringen würde, um junge Kunden zu gewinnen. Deshalb habe sich die HUK zu einem Joint Venture mit einer digitalen Versicherungsplattform entschlossen.
„Der digitale Wandel gestaltet die Finanzbranche neu, wie letztlich die ganze Gesellschaft. Man muss die Bereitschaft mitbringen, sich zu verändern
“, sagte Goeken in seinem Schlusswort. Und dennoch hofft Kruse darauf, dass sich das Präsenzformat bei der elften regulatorischen Tagung trotz aller fortschreitenden Digitalisierung erhalten bleibt.